Zukunftsbild Liebfrauen
Als Christen leben in der Gemeinschaft mit Jesus Christus. Wie können wir als christliche Gemeinde - als Kirche vor Ort - das Glaubensleben gestalten und Menschen in ihrem Christsein begleiten? Dieser Frage gehen wir in unserer Pfarrei Liebfrauen seit längerem nach.Was wurde dazu gemacht im letzten Jahr?
Im letzten Jahr wurden in den Sonntagsgottesdiensten Ende Oktober (Weltmissionssonntag) verschiedene Kirchenbilder vorgestellt: Grafiken, die anschaulich machen sollten, wie Christen Gemeinde verstehen; was sie sich unter einer Kirchengemeinde vor Ort vorstellen. Es wurden vier Bilder vorgestellt, die auf einem Faltblatt abgedruckt den Gottesdienstmitfeiernden an die Hand gegeben waren. Die Gottesdienstgemeinde war eingeladen nach der Vorstellung der Kirchenbilder miteinander in den Bänken darüber zu sprechen.
Wie ist es danach weitergegangen?
Viele Gemeindemitglieder haben damals Ende Oktober nach den Gottesdiensten gesagt, dass Ihnen diese Form der Predigt gut gefallen hat, einmal miteinander über Christsein und Kirche zu sprechen. Auch wenn es zuerst ungewohnt war, so zeigte sich rasch ein lebendiges Miteinander.
Im November 2019 waren die Mitglieder vom Pfarreirat, Kirchenvorstand und Seelsorgeteam zu einem Klausurwochenende zusammen und haben über diese Kirchenbilder gesprochen. Auch die Rückmeldungen, die von Gemeindemitgliedern aus den Gottesdiensten gekommen waren, wurden besprochen Es gab zudem einen Gesprächsabend für interessierte Gemeindemitglieder zu den Kirchenbildern.
Was ist mit Rückmeldungen gemeint?
In den Gottesdiensten waren Karten mit Fragen für das Gespräch miteinander verteilt worden. Zu den Fragen konnte man Rückmeldungen geben. Eine Frage lautete: „Wie stelle ich mir die Kirche vor Ort, die Gemeinschaft der Glaubenden in Zukunft vor? – Es gab über 60 schriftliche Rückmeldungen mit vielen wertvollen Impulsen. Sehr viel für eine solche Aktion. Viele haben auch nach den Gottesdiensten mündlich ihre Erwartungen und Wünsche geäußert.
Welchen Inhalt hatten die Rückmeldungen?
Viele wünschen sich eine Gemeinde, in der es wenig Hierarchie gibt,
vielmehr ein gutes Miteinander von Haupt- und Ehrenamtlichen an den verschiedenen Lebens- und Glaubensorten; ein Miteinander in vielen Gruppen unterschiedlicher Art. Am meisten wünschen sich die Gemeindemitglieder das Erleben von Gemeinschaft und die Möglichkeit der Beteiligung; ob in ihren Gruppen oder in der Gottesdienstfeier. Dabei soll im Zentrum Jesus Christus, seine Botschaft und die Feier des Glaubens stehen. ER, Christus, die Mitte, die uns verbindet und zusammenhält.
Diese Äußerungen spiegeln vieles von dem wieder, was auf einem der Kirchenbilder zu sehen war, die vorgestellt wurden: In der Mitte die Bibel und Kelch & Hostie für Jesus Christus, für seine Botschaft und sein Mahl. Um diese Mitte viele Kreise, auf denen unterschiedliche Gruppen, Orte und Lebenssituationen zu sehen sind. Ein Bild, das zeigt, wie unterschiedlich Christinnen und Christen heute sind und ihr Christsein verstehen. Vieles ist nicht mehr so einheitlich wie früher. So wurde auch der Wunsch geäußert, für die so unterschiedlichen Bedürfnisse und Erwartungen der Menschen differenzierte Angebote zu machen.
Gab es Rückmeldungen darüber hinaus?
Deutlich wurde auch, dass viele Gemeindemitglieder in unserer Pfarrei sich von der offiziellen Kirchenleitung, den Bischöfen, nicht verstanden fühlen. Viele sind der Ansicht, dass die Glaubwürdigkeit der Lehre der Kirche verloren hat, weil sie so wenig mit der Lebenswirklichkeit der Menschen von heute zu tun hat. Auch die Themen Verpflichtung zum Zölibat für Priester, die Rolle der Frau in der Kirche, Macht in der Kirche und die Sexualmoral wurden genannt. Diese Themen werden in einem Brief an die Bistumsleitung weitergeben. Es gibt für die gesamte Kirche in Deutschland den Gesprächsprozess, den so genannten synodalen Weg. In diesem Gesprächsprozess sollen diese Themen ja miteinander besprochen werden. Wie der Gesprächsprozess verlaufen wird und ob es wirklich zu Veränderungen in unserer Kirche kommen wird, bleibt abzuwarten.
Welches Fazit haben die Mitglieder im Pfarreirat, Kirchenvorstand und Seelsorgeteam bei ihrem Klausurwochenende gezogen? Was meinen sie wird für die Zukunft unserer Pfarrei wichtig sein?
Auf ihrem Klausurwochenende im November haben die Mitglieder von Pfarreirat, Kirchenvorstand und Seelsorgeteam in Gruppen eigene Kirchenbilder als Zukunftsvision entwickelt. Unter dem Motto „Unsere Gemeinschaft hat eine Vision für die Zukunft!“ Im anschließenden Austausch sind dabei fünf Aspekte deutlich geworden:
1. Die Leitung der Pfarrei soll in Zukunft in einem Team aus Hauptamtlichen und Gemeindemitgliedern erfolgen.
2. Grundlage für die Übernahme von Aufgaben und Diensten in der Pfarrei ist das Bewusstsein über die eigene Taufe und der Glaube an Jesus Christus.
3. Auf Zukunft hin sollen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um das Seelsorge-Personal von Verwaltung zu entlasten.
4. Um den Wunsch nach Vergemeinschaftung zu ermöglichen (s. Rückmeldungen) sollen Räume – zentral/dezentral – geschaffen werden, ob für Gruppentreffen oder Andacht bzw. Gottesdienst. Die Räume sollten unterschiedlich groß sein.
5. Die Pfarrei Liebfrauen richtet ihren Blick über unsere Pfarrei hinaus, hin zu den anderen Pfarreien in der Stadt und zum Umland. Es sollen mehr Angebote in Kooperation entstehen.
Wie geht es weiter?
Es gibt eine Arbeitsgruppe des Pfarreirates, deren Aufgabe es ist, das Zukunftsbild weiterzuentwickeln. Die Arbeitsgruppe soll dazu Gesprächsangebote machen, bei denen auch die Gemeindemitglieder einbezogen werden. Im Herbst 2021 sollen diese Überlegungen mit entsprechenden Entscheidungen abgeschlossen sein. Das Nachdenken über uns als Kirche vor Ort, als Gemeinde der Zukunft bleibt ein spannender und wichtiger Prozess. Dabei trägt und leitet die Überzeugung:
Als Gemeinde Jesu Christi sind wir unterwegs. Wir sind eine Weggemeinschaft der Christinnen und Christen verbunden mit Christus.
Jutta Rademacher, Vorsitzende Pfarreirat
Rafael van Straelen, Pfarrer