
Impuls am Abend - göttlicher Seitenwechsel
Zur Zeit lese ich wieder in einem Gedichtband von Andreas Knapp. „ganz knapp“ ist er tituliert. Der Titel ist typisch für den Verfasser und sein Programm. Er bringt auf den Punkt, worum es Andreas Knapp in seinen geistlichen Gedichten geht: Die Botschaften des Glaubens sowie das Wirken Jesu und sein Evangelium mit wenigen Worten tiefgründig und bedeutungsreich wie ein Konzentrat auszudrücken.Vergangene Tage las ich folgendes Gedicht, das – wie ich meine – gut in diese Zeit und die Situation der Kirche passt:
vom himmlischen thron
in einen futtertrog
statt in kultisch weißer weste
unrein bei den ausgesetzten
raus aus dem männerclub der patriarchen
der frauenfreund lässt sich berühren
der könig aus der andern welt
gekreuzigt wie ein sklave
aus der kalten gruft der toten
transit in ein grenzenloses land
Dieses Gedicht ist für mich gerade so passend in dieser Kirchenzeit, weil es kritisch die Haltung mancher Verantwortlichen in unserer Kirche hinterfragt:
Gott nimmt mit seiner Menschwerdung einen Seitenwechsel vor und lässt seine reine Göttlichkeit hinter sich, um den Menschen als Mensch nahezukommen. Gottes Augenmerk ist nicht darauf gerichtet, eine weiße Weste zu behalten, sondern bei den Menschen zu sein, die nicht der religiösen Ordnung entsprechen, aber gerade und vor allem seine Nähe und Liebe wünschen. Den Männerclub, das heutzutage oft benannte „Männerbündische“ lässt er hinter sich, um den Frauen jene Wertschätzung und Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, die für ihn selbstverständlich ist.
Dieses Gedicht beschreibt für mich auch sehr treffend, was wir als Christinnen und Christen in der kommenden Woche, an den Kar- und Ostertagen, wieder begehen und feiern:
der transit in ein grenzenloses land
Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend und einen erholsamen Ausklang dieser Arbeitswoche.
Rafael van Straelen