
Impuls am Abend - In Gottes Gegenwart
Am vergangenen Dienstag hieß es im Gebet zum Schluss der Messfeier:„Gütiger Gott,
du hast uns gestärkt,
damit wir bewusster in deiner Gegenwart leben.“
Bewusster in Gottes Gegenwart leben. – Dieser Gedanken hat mich so angesprochen, dass ich seitdem immer wieder darüber nachsinne. Nicht oft, wie ich meine, enthalten die im offiziellen Messbuch niedergeschriebenen Gebete verständliche und tiefgreifende Gedanken. Ihre Sprache ist heute kaum noch vermittelbar. Hier aber ist es, wie ich meine, anders.
Bewusster in Gottes Gegenwart leben. – Das setzt zunächst voraus, dass Gott gegenwärtig ist.
Bewusster in Gottes Gegenwart leben, kann nur der Mensch ersehnen oder erbitten, der annimmt oder davon überzeugt ist, dass Gott gegenwärtig ist.
Es erinnert mich an die Erzählung von Mose und dem brennenden Dornbusch, der brannte und doch nicht verbrannte und in dem GOTT sich dem Mose offenbarte als der „Ich bin der ich sein werde.“ (oder: Ich bin der ich bin.) Gott ist präsent, gegenwärtig. Seine Gegenwart umhüllt und durchdringt den Menschen wie die Luft die wir atmen und ohne die wir nicht leben können. – So heißt es in einem anderen Gebet der Kirche.
Der Apostel Paulus ist davon überzeugt, dass der Mensch ganz in Gott lebt. In seiner Rede auf dem Areopag in Athen sagt er: „Denn in ihm [Gott] leben wir, bewegen wir uns und sind wir.“
Der evangelische Kirchenlieddichter und Schriftsteller Gerhard Tersteegen hat Anfang des 18. Jahrhunderts über die Gegenwart Gott Folgendes gedichtet:
1. Gott ist gegenwärtig. Lasset uns anbeten und in Ehrfurcht vor ihn treten.
Gott ist in der Mitte. Alles in uns schweige und sich innigst vor ihm beuge.
Wer ihn kennt, wer ihn nennt, schlag die Augen nieder; kommt, ergebt euch wieder.
5. Luft, die alles füllet, drin wir immer schweben, aller Dinge Grund und Leben,
Meer ohn Grund und Ende, Wunder aller Wunder: Ich senk mich in dich hinunter.
Ich in dir, du in mir, lass mich ganz verschwinden, dich nur sehn und finden.
6. Du durchdringest alles; lass dein schönstes Lichte, Herr, berühren mein Gesichte.
Wie die zarten Blumen willig sich entfalten und der Sonne stille halten,
lass mich so still und froh deine Strahlen fassen und dich wirken lassen.
8. Herr, komm in mir wohnen, lass mein´ Geist auf Erden dir ein Heiligtum noch werden;
komm, du nahes Wesen, dich in mir verkläre, dass ich dich stets lieb und ehre.
Wo ich geh, sitz und steh, lass mich dich erblicken und vor dir mich bücken.
- (Das Gedicht umfasst 8 Strophen. Als Lied ist es abgedruckt im Gotteslob Nr. 387 oder Ev. Gesangbuch Nr. 165.)
Bewusster in Gottes Gegenwart leben. – Ein schöner Aspekt für die Gestaltung der Fastenzeit. Und für heute Abend kann das bedeuten, dem einmal nachzugehen, wo ich heute Gottes Gegenwart erlebt habe.
Einen guten Ausklang des Tages wünscht Ihnen
Rafael van Straelen