Impuls am Abend - Im Tod vom Leben umfangen

„Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen.“ So schrieb einst Martin Luther. Eine grundlegende Wirklichkeit unseres Daseins. Auf ganz unterschiedliche Weise erleben wir den Tod mitten in unserem Leben immer wieder: der junge Mensch, der tödlich verunglückt; der Mitarbeiter, der plötzlich durch einen Herzinfarkt am Arbeitsplatz verstirbt; die Ehefrau, die nach einem langen Krebsleiden das Leben friedlich aushaucht; die hochbetagte Oma, die im Kreis ihrer Familie friedlich entschläft; der erwachsene Sohn, der morgens tot in seinem Bett aufgefunden wird; das erwartete Kind, das noch vor der Geburt verstirbt; die Mutter, die Corona-bedingt im Krankenhaus oder Seniorenheim allein verstirbt; so wie es im Frühjahr letzten Jahres, während des ersten Lockdowns, wohl oftmals geschehen ist. – Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen.
 
Heute gedenken wir in den christlichen Kirchen der Toten der Corona- Pandemie. Manchen mögen die Bilder vom Abtransport der vielen Särge mit bzw. an Corona Verstorbenen aus Bergamo in Italien in Erinnerung kommen; andere mögen an jene denken, die in ihrem ganz persönlichen Umfeld zu den Corona Verstorbenen gehören. – Die Pandemie zeigt uns auch auf zum Teil grausame Weise die Sterblichkeit des Menschen und die Macht des Todes.
 
Aktuell sind es weltweit fast 2,5 Millionen Todesopfer; in Deutschland fast 70.000 Verstorbene; in unserem Bundesland NRW sind es 13.000; im Kreis Borken 200; in unserer Stadt Bocholt 38 Personen. – Nur Zahlen. Nein! Zu den Zahlen gehören ganz eigene persönliche Schicksale; und Angehörige, die trauern und gar nicht oder nur auf eingeschränkte Weise Abschied nehmen und ihre lieben Verstorbenen zu Grabe tragen können.
 
In den Gebeten zur Corona Pandemie heißt es:
„Wir bitten dich:
für alle Menschen, die sich mit dem Corona-Virus angesteckt haben und erkrankt sind;
für alle Angehörigen, die in tiefer Sorge sind;
für alle Verstorbenen und für die, die um sie trauern;
für alle, die Angst um ihren Arbeitsplatz haben und um ihre Existenz fürchten.
Sei ihnen allen nahe, gib ihnen neue Hoffnung und Zuversicht,
den Verstorbenen aber schenke das Leben in deiner Fülle.“
Oder:
„Herr, Du Gott des Lebens,
betroffen von der Not der Corona-Krise kommen wir zu Dir.
Wir beten für alle, deren Alltag jetzt massiv belastet ist
und bitten um Heilung für alle Erkrankten.
Sei den Leidenden nahe, besonders den Sterbenden.
Tröste jene, die jetzt trauern, weil sie Tote zu beklagen haben.“
 
Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen. – Mitten im Tod sind wir vom Leben umfangen! Der Mensch ist im Tod vom ewigen, göttlichen, grenzenlosen Leben umfangen. Das ist die christliche Grundüberzeugung, die mich angesichts der Sterblichkeit und des Todes hoffen und leben lässt. In meinem Tod bin ich vom Leben Gottes umfangen. Und dies erhoffe ich auch für alle Todesopfer der Corona-Pandemie, derer wir heute gedenken.
 
Rafael van Straelen
 
Veröffentlicht: 27.02.2021



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