Impuls zur Auferstehung - Klaus Brücks

„Fassungs-los!“

Liebe Gemeinde!

Wem habe ich eigentlich zuletzt die Hand gegeben? Diese Frage kam mir vor einigen Tagen in den Sinn, und ich kann sie wirklich nicht beantworten. Vielleicht geht es manchen von Ihnen genauso. Einige Impulse am Abend unserer Homepage haben das Thema „Berührungen“ ja auch angesprochen.
Natürlich gilt auch in der Klinik, in der ich zur Zeit meine Reha absolviere, das Abstandsgebot. Alle paar Meter erinnern Plakate die Patienten daran, sich nicht zu nahe zu kommen. „Social distance“ ist einer der Ausdrücke in diesen Wochen. 
Gleichzeitig erlebe ich aber auch zwangsläufig körperlichen Kontakt; bei der Blutabnahme, den Arztvisiten und den Massagen. Aber alles mit Mundschutz und Handschuhen - immer noch Situationen, die irgendwie bizarr sind.

Eine besondere „social distance“- Episode findet sich im Johannesevangelium, in einer der Ostergeschichten. (Joh 20,11-18).

Jesus zeigt sich Maria aus Magdala
Maria blieb draußen vor dem Grab stehen und weinte. Mit Tränen in den Augen beugte sie sich vor und schaute in die Grabkammer hinein.
Da sah sie zwei Engel. Sie trugen leuchtend weiße Gewänder und saßen dort, wo der Leichnam von Jesus gelegen hatte. Einer saß am Kopfende, der andere am Fußende.
Die Engel fragten Maria: »Frau, warum weinst du?«
Maria antwortete: »Sie haben meinen Herrn fortgebracht. Und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben!«

Nach diesen Worten drehte sie sich um und sah Jesus dastehen. Sie wusste aber nicht, dass es Jesus war.
Jesus fragte sie: »Frau, warum weinst du? Wen suchst du?« Maria dachte: Er ist der Gärtner. Darum sagte sie zu ihm: »Herr, wenn du ihn fortgeschafft hast, dann sage mir, wo du ihn hingelegt hast. Ich will ihn zurückholen!«

Jesus sagte zu ihr: »Maria!« Sie wandte sich ihm zu und sagte auf Hebräisch zu ihm: »Rabbuni!« (Das heißt: »Lehrer!«)
Jesus sagte zu ihr: »Halte mich nicht fest! Ich bin noch nicht zum Vater hinaufgestiegen. Aber geh zu meinen Brüdern und richte ihnen von mir aus: ›Ich gehe hinauf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott.‹«
Maria aus Magdala ging zu den Jüngern. Sie verkündete ihnen: »Ich habe den Herrn gesehen!« Und sie erzählte, was er zu ihr gesagt hatte.


Maria von Magdala, die in Trauer versunken vor dem Grab steht, erlebt Momente, die ihr Leben vollkommen verändern werden. Versetzt sie schon das Grab, in dem sie statt des Leichnams Jesu zwei Männer in weißen Gewändern sieht, in helle Aufregung, so gilt das erst recht für die Begegnung mit dem Mann, den sie zunächst für den Gärtner hält. Übrigens, auch der verstorbene Jesus ist für Maria immer noch ihr HERR! Als Jesus sie mit ihrem Namen anspricht, erkennt sie ihn. Wahrscheinlich will sie ihn auch sofort berühren, anfassen, umarmen. Verständliche Reaktionen einer Freude, die sie fassungslos macht; einer Euphorie, die sich ausdrücken will, gerade bei Menschen im Mittelmeerraum.

Wir kennen Momente in unserem Leben, die wir am liebsten festhalten möchten, eigentlich nie wieder loslassen möchten, weil sie so schön sind. Und es können auch andere Menschen sein, die wir am liebsten nicht mehr loslassen wollen. Aber Jesus hält Maria auf Abstand. 
„Rühr mich nicht an!“ oder in anderen Übersetzungen „Fass mich nicht an!“ bzw. „Halte mich nicht fest!“ (Der entsprechende lateinische Satz „Noli me tangere!“ bildet den Titel der vorletzten Station des Kreuzweges in der Liebfrauenkirche.) Ein typischer Fall von „social distance“. Aber sicher nicht, weil der Auferstandene sich vor einer Ansteckung fürchtet. Er macht sich für Maria im wahrsten Sinne des Wortes „fassungs-los“; ihm reicht es wohl, dass sie ihn sehen kann und ihn als den Auferstandenen erkannt hat.
Die „Ehre“ eines Angebotes, ihn zu berühren, kommt nur Thomas zuteil, der das gegenüber seinen Freunden zur Bedingung macht, damit auch er an die Auferstehung glauben kann.
Aber die Aufforderung Jesu, ihn anzufassen, lässt Thomas fassungslos auf die Knie sinken.
Im Gegensatz dazu soll Maria die Botschaft von der Auferstehung an die Jünger weitersagen, ein Auftrag, der sie zur „Apostolin der Apostel“ macht, wie es zuletzt Papst Franziskus bemerkt hat.

Liebe Gemeinde!
Die Auferstehung Jesu lässt sich nicht fassen, sie ist unfassbar. („Selig, die nicht sehen und doch glauben!“ muss sich Thomas sagen lassen.) Das ist und bleibt sie auch für uns, gut 2000 Jahre nach diesen Ereignissen. Aber es bleibt auch die Sendung, der Auftrag, dieses Geheimnis unseres Glaubens weiter zu verkünden, wie es damals Maria getan hat. Mit unseren Möglichkeiten, unseren Medien, unserer Phantasie. Auch in Zeiten wie diesen, die auf Distanz ausgelegt sind. 
Ich jedenfalls freue mich jetzt schon, in unserer Gemeinde das Osterfest 2021 festlich zu feiern!
Ihr 
Klaus Brücks
Pastoralreferent, z.Zt. Caspar-Heinrich-Klinik in Bad Driburg
Veröffentlicht: 08.04.2020



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