Impuls am Abend - Wenn Tote trauern …

Es gehört für mich zum Frühstück die Tageszeitung zu lesen; auch die Todesanzeigen. Da kann man gerne denken, dass es beruflich bedingt ist. In der letzten Zeit hat es sich eingebürgert, dass in den Traueranzeigen auch Verstorbene unter den trauenden Angehörigen genannt werden. So war kürzlich in einer Anzeige zu lesen: „Du wirst uns fehlen:“ Es folgte die Namensliste der Angehörigen, angeführt vom verstorbenen Ehemann; auch eine verstorbene Tochter war benannt; jeweils gekennzeichnet durch ein Kreuz vor dem Namen. 

Mich irritierte diese Anzeige. Schon seit längerem merke ich, dass mich die Nennung Verstorbener unter den trauernden Angehörigen befremdet und nachdenklich macht. Ich frage mich: Können Verstorbene trauern? Angehörigen, die in dieser Welt und Zeit leben, wird die verstorbene Person schmerzlich fehlen; viel Vertrautes im Umgang mit der verstorbenen Person ist nicht mehr möglich. Hinterbliebene trauern, ohne Frage. Aber kann eine verstorbene Person einer anderen verstorbenen Person fehlen? Ist es nicht so, dass die verstorbene Person hinübergegangen ist zu den anderen Verstorbenen? Nicht selten trösten sich Angehörige mit dem Gedanken, dass Menschen im Tod wieder zueinander finden, vereint werden; zum Beispiel Ehepaare. – Was besagt vor diesem Hintergrund die Botschaft von der Auferstehung und unsere biblisch-christliche Hoffnung auf Leben bei Gott?

Im Buch des Propheten Jesaja lese ich: „Er [Gott] beseitigt den Tod für immer. Gott, der Herr, wischt die Tränen ab von jedem Gesicht.“ (Jesaja 25, 6-8)
Dem entnehme ich, dass es im Leben jenseits des Todes, im Leben bei Gott keine Trauer gibt; wie auch kein Leiden und kein Schmerz. Von all dem ist der Menschen, ja die ganze Schöpfung, befreit. Das macht das neue und ewige Leben für mich aus.
„Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde; da hörte ich eine laute Stimme rufen: Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen, sie werden sein Volk sein; und er, Gott, wird bei ihnen sein. Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war ist vergangen. Er sprach: Seht, ich mache alles neu.“ (Offenbarung 21)

Wenn Tote trauern, dann bleibt ja alles im anderen Leben wie in diesem; dann bleibt alles beim Alten; dann würde sich dort nur fortsetzen, was hier den Menschen belastet, unfrei macht und das Leben betrübt. Tote können nicht trauern! Toten fehlt auch nicht ein Verstorbener. Denn sie sind jenseits des Todes vereint in der neuen Wirklichkeit. Ich nenne diese gerne auch Gemeinschaft bei Gott. 

Treffend finde ich nach wie vor ein Wort des hl. Augustinus (354-430 n. Chr.):
„Auferstehung ist unser Glaube
Wiedersehen unsere Hoffnung
Gedenken unsere Liebe.“
In meinem Tod gehe ich hinüber in das andere und neue Leben bei Gott. Dort werde ich mit anderen Augen, die Verstorbenen, die ich hier vermisst habe, „wiedersehen“, mit ihnen wieder zusammen sein; und das für immer. – Das ist meine Auferstehungshoffnung!

Rafael van Straelen
Veröffentlicht: 13.05.2020



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