Armut in Bocholt? - Das „Offene Ohr“ schult ehrenamtliche Mitarbeiter/innen

Es ist Mitte des Monats, der Kühlschrank ist leer, und Sie haben für sich und ihre beiden Kinder noch 50 € zur Verfügung bis zum Monatsende. Für die meisten von uns ist dies unvorstellbar, ebenso wie der Fall, dass die Gaszufuhr nach der 3. Mahnung abgestellt wird, ohne dass Sie die Mittel haben dieses Scenario zu verhindern.
Das kann doch eigentlich nicht sein in Bocholt hier bei uns, in Deutschland, in dem Land mit einem der besten und engmaschigsten Sozialnetze. Böse Zungen behaupten sogar, dass es sich zu viele in der sozialen Hängematte gemütlich machen. Aber es gibt sie, diese Armut, auch in Bocholt.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom „Offenen Ohr“, Sozialbüro der Pfarrei Liebfrauen, erfahren jetzt schon seit fast 5 Jahren von solchen oder ähnlichen Situationen. Sie hören zwei Mal in der Woche den Menschen zu, die in die Sprechstunden ins Kreuzbergheim kommen und versuchen mit diesen Menschen gemeinsam eine Lösung für die vorgetragenen Probleme zu finden.
Am Samstag, 17. Februar 2018, nahmen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder an einer ganztägigen Schulung teil, um ihre Gespräche mit den Hilfesuchenden zu reflektieren und gegebenenfalls zu verbessern. Die Schulung machte deutlich, dass jeder Mitarbeiter nur gut für andere sorgen kann, wenn er gut für sich selber sorgt. Er muss seine persönlichen Grenzen kennen und akzeptieren, dass er anderen nur im Rahmen seiner Möglichkeiten helfen kann. Alle Besserwisserei: „Warum machen Sie nicht einfach…?“ und Vorwürfe: „Wie konnten Sie es so weit kommen lassen?“ erweisen sich in Hilfegesprächen als nicht hilfreich. Für den Gesprächsbeginn eignen sich in besonderer Weise offene Fragen, die dem Hilfesuchenden ermöglichen mehr von seinen Problemen zu erzählen, während zum Gesprächsende geschlossene Fragen eher zur Klärung von Details und zu Vereinbarungen über das weitere Vorgehen führen. Wichtig schien für alle Teilnehmer die Erkenntnis zu sein, dass Warum-Fragen den Hilfesuchenden fast immer in eine Verteidigungsposition drängen, die hinderlich ist für den weiteren Problemlösungsprozess.
Bei allem ist die grundsätzliche Haltung dem Ratsuchenden gegenüber ganz entscheidend. Das Gespräch findet immer auf Augenhöhe statt. Die Ehrenamtlichen versuchen einen vertrauensvollen Kontakt zu schaffen, ohne gleich eine Diagnose zu stellen. ist nicht Aufgabe des Hilfegesprächs, den Hilfesuchenden zu erziehen oder dessen Lebensgestaltung zu bewerten. Am Ende bekommt der Hilfesuchende das, was er gerade am nötigsten braucht, aber nicht alles, was er sich wünscht.
​​​​​​​Damit die einzelnen Ehrenamtlichen im „Offenen Ohr“ nicht zu häufig im Einsatz sind, werden Personen gesucht, die gerne ein- oder zweimal monatlich für jeweils 2 Stunden für Hilfesuchende ein offenes Ohr anbieten. Der ehrenamtliche Dienst findet immer im Zweierteam statt. Neueinsteiger werden zunächst immer zusammen mit einem erfahrenen Mitarbeiter eingesetzt. Einmal im Monat findet ein Mitarbeitertreffen statt. Hier werden alle aufgetretenen Probleme besprochen, Vorgehensweisen in bestimmten Fällen verabredet und Wissen über Hilfsangebote vermittelt. Sind Sie an einer Mitarbeit im „Offenen Ohr“ interessiert, so wenden Sie sich bitte an Elisabeth Weiß, Tel.: 02871 184398
Veröffentlicht: 15.03.2018



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